Es ist an der Zeit, mit ein paar Hauptstadtmythen aufzuräumen, die viel zu viel Platz in Zeitungen und Onlineportalen einnehmen. Platz, der mit Bildern schlafender Goldhamster sinnvoller gefüllt wäre.
1. Der Schwabenhass
Mein Freundes- und Bekanntenkreis besteht zu einem großen Teil aus Schwaben, auch wenn sie steif und fest behaupten, aus „Hessen“ zu stammen.
Sie wohnen zum Teil schon seit vielen Jahren in Berlin, ohne dass jemals ein Mob wütender Lichtenberger oder Reinickendorfer mit Fackeln und Mistgabeln vor ihrer Wohnungstür gestanden hätte. Dennoch skizzieren Medien unermüdlich ein düsteres Bedrohungsszenario für meine Mitbürger(innen) mit Ländlehintergrund. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Müssen einfach Zeitungsseiten gefüllt werden? Gibt es gerade keine Eisbärenbabygeburt im Zoo? Oder will man überspielen, dass man es nicht zu Kriegs-, sondern nur zu Kiezreportern geschafft hat?
Wie auch immer: Der ominöse Schwabenhass ist ein klassisches Sommerlochthema. Die größte Gefahr für einen Baden-Württemberger in Prenzlauer Berg sind die Straßenbahnschienen in Verbindung mit einem Vintage-Rennrad. In Mitte und Kreuzberg hasst niemand Schwaben, weil Franzosen und Italiener gar nicht wissen, was das ist und in den anderen Bezirken ist es den allermeisten Menschen herzlich egal, woher man kommt, solange man ihnen nicht auf den Keks geht.
2. Die Kampfradler
Glaubt man den Medien, herrscht auf Berlins Straßen Krieg. Die Warlords sind Radfahrerinnen und Radfahrer – „Kampfradler“, wie man sie im Medienjargon nennt. Kampfradler sind blitzschnelle Angriffstruppen, die alte Menschen, Eltern mit Kindern und alle anderen Verkehrsteilnehmer bedrohen.
Die Wahrheit sieht so aus: Wenn man als Radfahrerin in Berlin kämpft, dann um sein Leben. Man steht so weit unten in der Nahrungskette, dass Fruchtfliegen Solimärsche für einen organisieren.
Waren es früher vor allem die Taxis, LKW und die zweite-Reihe-Parker, die Radfahrern ans Leder wollten, gibt es seit kurzem eine neue Form der Bedrohung: Car Sharing mit Kleinwagen. An diesem Punkt stelle sich bitte jede(r) ein Rudel Smartfahrer vor, deren Fahrt pro Minute abgerechnet wird.
Keine weiteren Fragen.
3. Berlin kann keinen Großflughafen bauen
Falsch: Wir wollen es einfach nicht. Niemand möchte nach Schönefeld, wenn es doch diesen zentralen Flughafen in Tegel gibt. Klaus Wowereit profitiert in Wahrheit heimlich von der Bauverzögerung. Wir alle werden ihn so lange weiterwählen, bis er in Rente geht, nur um nicht diese elende Strecke mit der S9 runterjuckeln zu müssen, wenn wir in den Urlaub fliegen wollen.
4. Berliner Mundart
NIEMAND SAGT TELESPARGEL ZUM FERNSEHTURM!
Niemand.
Wirklich. Niemals.
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